From the World of John Wick: Ballerina
From the World of John Wick: Ballerina
Regie Len Wiseman
Schauspieler Ana de Armas, Anjelica Huston, Gabriel Byrne, Norman Reedus, Ian McShane, Keanu Reeves
Laufzeit ca. 126 Min.
Bildformat 2,39:1 (1080p/24)
Tonformat Dolby Atmos
Sprachen Deutsch
Untertitel Deutsch
LEONINE Studios Spielfilm
Mit From the World of John Wick: Ballerina wagt das Action-Franchise einen ersten echten Ableger, der nicht nur das etablierte Killeruniversum erweitert, sondern einer Figur Raum gibt, die im Hauptkanon bislang nur angedeutet wurde. Der Film stellt eine junge Attentäterin in den Mittelpunkt, die nach den Regeln der Ruska Roma erzogen wurde und deren Weg sich zwischen Eleganz, Disziplin und schonungsloser Gewalt entfaltet. Die Geschichte knüpft atmosphärisch an die Ereignisse zwischen dem dritten und vierten John-Wick-Film an, ohne jedoch das Vorwissen zur Pflicht zu machen – eine Gratwanderung, die der Film weitgehend souverän meistert.
Im Zentrum steht Rooney, eine talentierte, aber traumatisierte Killerin, die den Mord an ihrer Familie sühnen will. Der Film folgt ihr auf einem Rachepfad, der strukturell vertraut wirkt, im Detail aber durch die starke Verwurzelung in der mythisch überhöhten Wick-Welt eigene Akzente setzt. Besonders gelungen ist die Art, wie die Gemeinschaft der Ruska Roma hier weiterentwickelt wird: Rituale, Regeln und ein fast kultischer Umgang mit Körperbeherrschung verleihen der Handlung eine dichte, fast sakrale Atmosphäre.
Die Story selbst bleibt geradlinig und konzentriert sich mehr auf emotionale Motivation als auf narrative Komplexität. Das ist im Kern kein Nachteil – das Wick-Universum hat sich nie über verschachtelte Drehbücher definiert –, doch gelegentlich wünscht man sich mutigere Wendungen oder einen stärkeren Kontrast zwischen den ruhigen Momenten und den Eskalationen der Gewalt.
Ana de Armas verleiht Ballerina jene emotionale Wucht, die das Spin-off unbedingt benötigt. Sie spielt Rooney nicht als unverwundbare Superkillerin, sondern als Frau, deren Zerrissenheit und innerer Schmerz stets spürbar bleiben. Ihre Darstellung lebt von einer beeindruckenden körperlichen Hingabe: Jede Bewegung wirkt kontrolliert, jeder Schlag hat Gewicht, und gleichzeitig bleibt in Mimik und Blick eine fragile Menschlichkeit erhalten, die die Figur weit über reine Genre-Konventionen hinaushebt. De Armas gelingt es, die Eleganz einer Tänzerin mit der Präzision einer professionellen Attentäterin zu verschmelzen, wodurch sie dem Film eine unverwechselbare Note gibt. In einem Franchise, das bislang stark von der stoischen Aura Keanu Reeves’ geprägt war, setzt sie einen neuen, eigenständigen Akzent – dynamischer, emotionaler, aber genauso kompromisslos in der Umsetzung.
Die Entwicklung von Ana de Armas ist eine der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten der letzten Jahre. Von ihren frühen Rollen in Spanien und ersten Auftritten in Hollywood-Produktionen hat sie sich Schritt für Schritt zu einer der vielseitigsten Schauspielerinnen ihrer Generation entwickelt. Der internationale Durchbruch gelang ihr mit Blade Runner 2049, wo sie trotz begrenzter Screentime eine unerwartete emotionale Tiefe zeigte. Anschließend bewies sie in Knives Out, dass sie nicht nur als dramatische Darstellerin, sondern auch als präzise getimte Charakterspielerin glänzen kann. Ihre physische Präsenz wiederum stellte sie in No Time To Die unter Beweis, wo eine kurze, aber spektakuläre Sequenz ausreichte, um sie als mögliche Actionheldin ins Gespräch zu bringen. Ballerina ist nun der logische nächste Schritt: ein Film, der ihre bisherigen Stärken – Körperbeherrschung, Ausdruckskraft und charismatische Ausstrahlung – bündelt und ihr erstmals ein zentrales Actionvehikel gibt. Damit bestätigt sie ihren Platz im internationalen Spitzenfeld und zeigt zugleich, wie wandelbar und mutig eine moderne Karriere im Genre-Kino sein kann.
Die Auftritte der bekannten Wick-Charaktere – darunter Keanu Reeves als John und Ian McShane als Winston – sind wohldosiert und dienen nicht bloß als Fanservice. Stattdessen unterstützen sie Rooneys Entwicklung, geben dem Film aber zugleich das Gefühl, fest im Gesamtkanon verankert zu sein.
Stilistisch bleibt der Film der DNA der Hauptreihe treu: Die Kampfchoreografien sind präzise, dynamisch und häufig ballettartig komponiert, passend zum Titel und zur Herkunft der Protagonistin. Besonders hervorzuheben sind mehrere Sequenzen, in denen körperliche Eleganz und brutale Effizienz eindrucksvoll verschmelzen – eine Art tödlicher Tanz, der der Reihe eine frische Note verleiht.
Visuell setzt der Film auf die Mischung aus Neonlichtern, Schatten und barock anmutenden Schauplätzen, die das John-Wick-Universum seit Jahren prägen. Allerdings gelingt es Ballerina, diesem Look eine femininere, fast kunstvolle Linie hinzuzufügen, was dem Spin-off eine eigene ästhetische Identität verschafft.
Die Action ist wie gewohnt hochklassig choreografiert, aber nicht so ununterbrochen präsent wie in den Wick-Hauptfilmen. Es gibt mehr Zwischentöne, mehr Raum für Charakteraufbau – ein Ansatz, der manchen Fans vielleicht zu viel Tempo herausnimmt, dem Film aber eine größere emotionale Erdung verleiht. Wenn die Gewalt explodiert, tut sie es mit der Wucht und Eleganz, die man erwartet: klare Raumgeometrie, spürbare Treffer und beeindruckend lange Einstellungen ohne hektische Schnitte.
Auch technisch fügt sich der Film überzeugend ins Franchise ein: druckvoller Sound, atmosphärische Bildgestaltung und ein Score, der elektronische Elemente mit rituellen Klängen verbindet. Die Montage wirkt manchmal etwas konventioneller als bei den Filmen von Chad Stahelski, doch die Handschrift des Universums bleibt klar erkennbar.
Extras Featurettes (The Making of Ballerina / Killer Instinct / The Art of Action / Building a Frozen Underworld), Deleted & Extended Scenes
Fazit
From the World of John Wick: Ballerina ist ein gelungener erster Schritt, das Wick-Universum über seinen Titelhelden hinaus zu erweitern. Der Film kombiniert vertraute Stilelemente mit einer eigenständigeren, emotionaler gefärbten Handlung und schafft es, der Welt der Ruska Roma neue Tiefe zu verleihen. Obwohl er nicht die Wucht oder stilistische Radikalität der Hauptfilme erreicht, überzeugt er als intensiver, elegant gestalteter Rachethriller mit starker Hauptfigur und einigen herausragenden Actionmomenten.
Für Fans der Reihe ist es ein lohnender, atmosphärisch dichter Blick auf eine neue Seite dieses mythologisch aufgeladenen Killerkosmos – und ein Versprechen darauf, dass das John-Wick-Universum auch ohne John noch einiges zu erzählen hat.
